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Gem Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG erkennt der VfGH über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Die Antragslegitimation nach Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG setzt voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen. Außerdem ist der Rechtsbehelf des Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht.
In Fällen wie jenem der Antragstellerin steht ein anderer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung zur Verfügung: Gegen die Antragstellerin (Schülerin) ist am 26. 3. 2020 eine Strafverfügung einer BH ergangen, mit der über sie eine Geldstrafe iHv € 500,– (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) verhängt wurde (gem § 3 Abs 3 COVID-19-Maßnahmengesetz iVm § 1 Verordnung des BMSGPK gem § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes), weil sie sich mit zwei weiteren Personen, mit denen sie nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, auf engstem Raum als Mitfahrerin in einem PKW aufgehalten hat. Die Antragstellerin hat somit die Möglichkeit, gegen die Strafverfügung einen Einspruch gem § 49 Abs 1 VStG bei jener Behörde zu erheben, die die Strafverfügung erlassen hat. Gegen ein danach ergehendes Straferkenntnis kann sie Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben und gegen eine allenfalls negative Entscheidung des VwG Beschwerde gem Art 144 B-VG beim VfGH. Darin kann sie dann ihre Bedenken bezüglich Verfassungswidrigkeit der Verordnung des BMSGPK gem § 2 Z 1 des COVID-19- Maßnahmengesetzes, BGBl II 2020/98, idF BGBl II 2020/108 darlegen.
Außergewöhnliche Umstände, die die Einbringung eines Individualantrages zufolge Unzumutbarkeit eines anderen Weges ausnahmsweise zulässig machen können, liegen nicht vor.
Hinweis:
Die Beratungen des VfGH in seiner Juni-Session sind am vergangenen Samstag zu Ende gegangen. Er hat dabei über erste Anträge betreffend COVID-19 entschieden bzw diese als unzulässig erkannt. In seiner Pressemitteilung (auf www.vfgh.gv.at) weist der VfGH darauf hin, dass die Zumutbarkeit der Anfechtung über die Verwaltungsgerichte auch in allen anderen Fällen gilt, in denen Personen nach Ansicht der Behörden gegen das Betretungsverbot verstoßen haben und deswegen bestraft worden sind.
Wie der Pressemitteilung weiters zu entnehmen ist, berät der VfGH Mitte Juli weiter über Anträge, die sich gegen Gesetze bzw Verordnungen im Rahmen der COVID-19-Maßnahmen richten. Er nimmt dann die bisherigen Beratungen wieder auf, in denen es ua um das Betretungsverbot für öffentliche Orte geht, um das Betretungsverbot für Betriebsstätten an sich bzw für Betriebsstätten mit einem Kundenbereich größer als 400 m2 sowie um Entschädigungen für Betriebe. Diese Fragen werden am 13. und 14. 7. 2020 erneut erörtert.
Auch die Beratungen über das Verhüllungsverbot an Volksschulen („Kopftuchverbot“) werden Mitte Juli fortgesetzt.
Das Thema Tötung auf Verlangen („aktive Sterbehilfe“) hingegen wird erst im Herbst erneut auf der Tagesordnung stehen und Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung voraussichtlich im September 2020 sein.