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Vorabentscheidungsersuchen zur Strafbemessung nach dem GSpG

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AEUV: Art 56

GRC: Art 49

GSpG: § 52

VStG: § 16, § 64

Im vorliegenden Fall stellt sich bei der Prüfung der Verhängung der Sanktionen wegen Übertretung des GSpG mit mehr als drei Glücksspielautomaten die Frage der Auslegung des Art 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) sowie allenfalls des Art 49 Abs 3 GRC (Verhältnismäßigkeit des Strafmaßes zur Straftat), um die Unionsrechtskonformität des § 52 Abs 2 dritter Strafsatz GSpG (Strafsätze pro Eingriffsgegenstand), der §§ 16 VStG (Ersatzfreiheitsstrafe) und des § 64 Abs 2 VStG (Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens) beurteilen zu können.

Der VwGH möchte vom EuGH zunächst wissen, ob das nationale Gericht in einem Verfahren, das zum Schutz des staatlichen Glücksspielmonopols geführt wird, die Strafsanktionsnorm (§ 52 Abs 2 dritter Strafsatz GSpG) im Lichte der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV zu prüfen hat, wenn es bereits zuvor die Monopolregelung entsprechend den Vorgaben des EuGH geprüft hat und diese Prüfung ergeben hat, dass die Monopolregelung gerechtfertigt ist.

Sowohl für den Fall der Bejahung als auch der Verneinung dieser Frage richtet der VwGH sodann weitere Fragen an den EuGH, die sich im Wesentlichen auf die fehlende Höchstgrenze für die verhängten Strafen und die zwingende Untergrenze pro Eingriffsgegenstand beziehen.

VwGH 27. 4. 2020, Ra 2020/17/0013 (EU 2020/0002)

Hinweis:

Die Vorlagefragen stellen sich dem VwGH hier iZm § 52 Abs 2 dritter Strafsatz GSpG, der bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen eine Geldstrafe von € 3.000 bis zu € 30.000 für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand vorsieht.

Zur Zulässigkeit der mehrfachen Bestrafung bei Übertretungen mit bis zu drei Automaten gem § 52 Abs 2 erster Strafsatz GSpG (für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe iHv € 1.000,– bis zu € 10.000,–) vgl zuletzt VwGH 6. 5. 2020, Ra 2020/17/0001, Rechtsnews 29174.

Vorabentscheidungsersuchen

Der VwGH hat dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.Hat das nationale Gericht in einem Strafverfahren, das zum Schutze einer Monopolregelung geführt wird, die von ihm anzuwendende Strafsanktionsnorm im Lichte der Dienstleistungsfreiheit zu prüfen, wenn es bereits zuvor die Monopolregelung entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes geprüft hat und diese Prüfung ergeben hat, dass die Monopolregelung gerechtfertigt ist?
2.Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:
2a.Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz zwingend die Verhängung einer Geldstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht?
2b.Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von € 3.000,– pro Glücksspielautomat zwingend vorsieht?
2c.Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht?
2d.Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche im Fall der Bestrafung wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorsieht?
3.Für den Fall der Verneinung der ersten Frage:
3a.Ist Art 49 Abs 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz zwingend die Verhängung einer Geldstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht?
3b.Ist Art 49 Abs 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von € 3.000,– pro Glücksspielautomat zwingend vorsieht?
3c.Ist Art 49 Abs 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht?
3d.Ist Art 49 Abs 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche im Fall der Bestrafung wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafen vorsieht?
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29190 vom 05.06.2020