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Vorsätzliche Gemeingefährdung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

StGB: § 176

Das Verbrechen der vorsätzlichen Gemeingefährdung nach § 176 Abs 1 StGB setzt (ua) voraus, dass durch ein Verhalten des Täters eine konkrete Gefahr (gleichzeitig, nicht bloß sukzessiv) für eine größere Zahl von Menschen (etwa zehn Personen) oder Eigentum in großem Ausmaß (etwa 300.000 €) herbeigeführt wird. Das Verhalten des Täters ist im Tatbestand nicht näher umschrieben und kann unter den sonstigen Voraussetzungen des § 2 StGB allenfalls auch in einem Unterlassen bestehen. Konkrete Gefährdung als Deliktserfolg liegt dann vor, wenn die (vom Tatbestand umschriebenen) Handlungsobjekte tatsächlich (und nicht bloß potentiell) in den Wirkungsbereich der gefährlichen Handlung geraten sind und beinahe verletzt, getötet, beschädigt oder zerstört wurden. Sowohl die Tatobjekte als auch die Anhaltspunkte für die Annahme der realen Gefährdung sind für jeden Einzelfall konkret festzustellen (hier: Herstellung und Verkauf von mehreren tausend „Blitzknallsätzen“).

Auch das Intensivieren, das zeitliche Verlängern oder das räumliche Vergrößern einer bereits bestehenden Gemeingefahr ist tatbildliches Herbeiführen einer (neuen) Gefahr. In letzterem Fall ist allerdings erforderlich, dass der Gefahrenbereich in Bezug auf Objekte im (für sich) vom Tatbild umschriebenen Ausmaß erweitert wird. Da der Tatbestand weder ein bestimmtes Täterverhalten noch (anders als etwa §§ 169, 171 oder 173 StGB) einen Zwischenerfolg voraussetzt, kommt – mit Blick auf die exakte Begrenzung der Strafbarkeit – der sachverhaltsmäßigen Beschreibung des für den Erfolg kausalen Täterverhaltens besondere Bedeutung zu. In Bezug auf die Gefährdung von Eigentum in großem Ausmaß ist – wie sich schon aus der Bezeichnung des Tatbestands ergibt (arg „Gemeingefährdung“) – nicht ausschließlich auf den Wert der Tatobjekte, sondern auch auf das Kriterium der Unbeherrschbarkeit der Gefahr abzustellen; diese kann sich aus der Anzahl der gefährdeten Objekte oder der Ausdehnung des Gefahrenradius ergeben.

Der vom Tatbestand verlangte Vorsatz muss sich nicht auf die tatsächliche Verletzung von Rechtsgütern beziehen, sondern bloß auf deren Gefährdung.

OGH 5. 9. 2017, 14 Os 32/17p

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24680 vom 19.12.2017