News

„Warnliste der Banken“: Schadenersatz wegen “verfrühter“ Eintragung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSG 2000: §§ 6 ff, §§ 18 ff

Mit Bescheid der Datenschutzkommission vom 23. 11. 2001, GZ K095.014/021-DSK/2001, wurde die Datenanwendung Warnliste der österreichischen Kreditinstitute zum Zweck des Gläubigerschutzes und der Risikominimierung durch Hinweis auf vertragswidriges Kundenverhalten“ unter Auflagen genehmigt (Führung der Datenanwendung durch den Kreditschutzverband–KSV 1870). Mit den Spruchpunkten 1 und 2 dieses Bescheides hatte sich der OGH iZm dem vorliegenden Begehren auf Schadenersatz wegen (angebliche) rechtswidriger Einmeldung der Kl in diese „Warnliste“ zu befassen und hält dazu ua fest: Nach Spruchpunkt 1. des Bescheids ist der Kunde zwar vor Zusendung eines Fälligstellungsschreibens in gebührender Weise zu mahnen. Weder in Spruchpunkt 2. noch in der Rsp wurde aber eine zweite Androhung der Eintragung in die „Warnliste“ verlangt. Auch nach der Rechtsauffassung der Datenschutzkommission zur Datenweitergabe an Kreditauskunfteien entsprach es § 6 Abs 1 Z 1 DSG 2000, wenn die Information darüber bereits im ersten Mahnschreiben an den Betroffenen erfolgte (K211.773/0009-DSK/2007). Im konkreten Fall hält sich das BerufungsG somit im Rahmen der Entscheidungen und des Wortlauts des Bescheids, wenn es davon ausgeht, dass neben dem Schreiben der Bekl vom 15. 11. 2017 (Fälligstellungsschreiben iSd Bescheids) eine weitere Androhung der Eintragung in die „Warnliste“ nicht erforderlich gewesen sei.

OGH 6. 8. 2021, 6 Ob 57/21g

Entscheidung

Die §§ 6 ff und 18 ff DSG 2000 sind mit Ablauf des 24. 5. 2018 außer Kraft getreten (§ 70 Abs 9 DSG). Damit wurde auch das Meldewesen im (ehemaligen) Datenverarbeitungsregister abgeschafft (§ 69 Abs 2 und 3 DSG; Pollirer/Weiss/Knyrim/Haidinger, DSG4 § 69 Anm 1). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung (auch) zum Zwecke der Bonitätsbeurteilung richtet sich seitdem nach dem DSG und der DSGVO (vgl jüngst 6 Ob 87/21v, Rechtsnews 31423).

Bescheid der Datenschutzkommission

Nach Spruchpunkt 1. des Bescheids dürfen in die Warnliste Kunden des Auftraggebers nur eingetragen werden, wenn (a) der Kunde sein Konto durch vertragswidrige Verwendung unerlaubt überzogen hat oder (b) eine mit dem Kunden bestehende Konto- bzw Kreditverbindung aufgekündigt bzw fällig gestellt oder in die Rechtsverfolgung übergeben wurde und (in beiden Fällen) die Forderung innerhalb der im Fälligstellungsschreiben (Kontoaufkündigungsschreiben) gesetzten Zahlungsfrist nicht vollständig bezahlt wurde, wobei der aushaftende Betrag 1.000 € übersteigt.

Nach Spruchpunkt 2. des Bescheids ist dem Kunden durch ausdrücklichen Hinweis im Fälligstellungsschreiben mitzuteilen, dass er in die „Warnliste“ eingetragen wird, falls innerhalb der in diesem Schreiben gesetzten Zahlungsfrist keine vollständige Zahlung erfolgt oder keine andere Vereinbarung erfolgt. In der Bescheidbegründung wird dazu lediglich ausgeführt, dass der Betroffene über die beabsichtigte Aufnahme in die „Warnliste“ besonders informiert werden müsse.

Konkreter Fall

Die Kl hatte ein Konto bei der Bekl vertragswidrig überzogen. Zwei Mahnschreiben waren erfolglos geblieben.

Mit Schreiben vom 15. 11. 2017 forderte die Bekl die Kl sodann letztmalig unter Fristsetzung bis 29. 11. 2017 auf, den überzogenen Betrag von 2.409,77 € auf das Konto einzuzahlen. Gleichzeitig teilte sie der Kl in diesem Schreiben mit, dass diese in die „Warnlisteeingetragen werde, falls innerhalb der in diesem Schreiben gesetzten Zahlungsfrist weder eine vollständige Zahlung noch eine Stundungsvereinbarung erfolge. In diesem Schreiben erteilte die Bekl auch Informationen über die Warnliste.

Auch wenn es sich bei der Bekl um eine inländische Großbank handelt, wirft die Auslegung des Bescheids der Datenschutzkommission ebensowenig eine erhebliche Rechtsfrage auf wie die Beurteilung, ob die Vorgangsweise der Bekl bei Einmeldung der Kl in diese „Warnliste“ diesem Bescheid und § 6 DSG 2000 entsprach (bloß geringe Wahrscheinlichkeit, dass dies noch vereinzelt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Vorgängen vor dem 25. 5. 2018 relevant sein könnte).

Vom OGH wäre daher nur eine unvertretbare Rechtsansicht des BerufungsG aufzugreifen, die jedoch nicht vorliegt.

Einmalige Androhung der Eintragung ausreichend

-Vom Wortlaut des Bescheids gedeckt ist nach Ansicht des OGH die Beurteilung, dass es nach dem Bescheidinhalt einer Aufkündigung oder Fälligstellung der gesamten Kontoverbindung durch die Bekl vor Eintragung in die „Warnliste“ nicht bedurft habe und es sich beim Schreiben vom 15. 11. 2017 im Übrigen ohnehin um ein Fälligstellungsschreiben iSd Bescheids gehandelt habe.
-Nach Spruchpunkt 1. des Bescheids ist der Kunde zwar vor Zusendung eines Fälligstellungsschreibens in gebührender Weise zu mahnen. Weder in dessen Spruchpunkt 2. noch in der Rsp wurde aber eine zweite Androhung der Eintragung in die „Warnliste“ verlangt (siehe dazu oben im Leitsatz).
-Nach Spruchpunkt 1. des Bescheids darf eine Eintragung in die Warnliste nicht erfolgen, wenn mit dem Kunden vor Ablauf der im Fälligstellungsschreiben bezeichneten Zahlungsfrist eine Vereinbarung über die Schuld-Tilgung getroffen wird.
Im vorliegenden Fall waren die Mahnungen der Bekl seit mehreren Monaten erfolglos geblieben, die Kl deckte das Konto erst am 15. 2. 2018 ab, ohne dass zuvor eine Vereinbarung über die Schuld-Tilgung getroffen worden war. Auch das zweite Konto der Kl bei der Bekl war überzogen. Dessen Abdeckung nahm letztlich – auch wegen offener Kreditkartenforderungen – noch einige Zeit in Anspruch.
Das BerufungsG war im Ergebnis der Ansicht, ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Bekl an der Datenweitergabe für die Eintragung in die „Warnliste“ sei gegeben gewesen. Darin liegt auch im Hinblick auf die Kriterien der Entscheidungen 6 Ob 217/19h (= RdW 2020/221) bzw K211.773/0009-DSK/2007 jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung.

Einschreiben nicht erforderlich

Keine aufzugreifende Fehlbeurteilung sieht der OGH auch in der Ansicht des BerufungsG, die Bekl sei nicht verpflichtet gewesen, die im Bescheid vorgeschriebenen Mitteilungen eingeschrieben zu verschicken.

Fragen der Beweislast sind diesbezüglich im vorliegenden Fall nicht zu klären. Nach den Feststellungen wurde das Mahnschreiben entweder in das Postfach jener Wohnung eingelegt, die der Bekl als Wohnanschrift bekanntgegeben worden war, oder in das Postfach der nunmehrigen Wohnung der Kl im selben Haus.

Aus dem Hinweis der Kl auf die Regelungen des ZaDiG ist daher ebenfalls nichts zu gewinnen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31536 vom 05.10.2021