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Wendemanöver in Autobahntunnel – besonders gefährliche Verhältnisse iSd § 7 Abs 3 Z 3 FSG

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

FSG: § 7

StVO: § 8b, § 9

Für das Vorliegen von besonders gefährlichen Verhältnissen iSd § 7 Abs 3 Z 3 FSG ist es nicht notwendig, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist, sondern es genügt vielmehr, dass der Verstoß gegen Verkehrsvorschriften unter Umständen erfolgte, die das Verhalten des Lenkers so wie in den in § 7 Abs 3 Z 3 FSG demonstrativ aufgezählten Fällen (zB Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen) als an sich geeignet erscheinen lassen, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen.

Fallbezogen ist in Anbetracht der vorliegenden konkreten Umstände (Wendemanöver mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug auf einer Autobahn in einem Tunnel im Gegenverkehrsbereich unter Missachtung einer doppelten Sperrlinie) und des Zusammentreffens mehrerer schwerwiegender Verstöße gegen Bestimmungen der StVO 1960, die evidentermaßen der Vermeidung gravierender Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit dienen, das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse iSv § 7 Abs 3 Z 3 FSG nicht von der Hand zu weisen.

Vorliegend fällt ins Gewicht, dass im Tunnelbereich bei einem Verkehrsunfall besonders schwerwiegende Folgen (ua Explosionsgefahr) zu befürchten sind; in der konkret gegebenen Situation, in der sich in dem Autobahntunnel aufgrund eines Verkehrsstaus mehrere Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe befanden, waren dieser Gefahr zudem zahlreiche Personen potentiell ausgesetzt. Überdies zählt schon grundsätzlich zur Verkehrssicherheit, dass sich auf den Fahrstreifen der Autobahnen nach Möglichkeit keine Hindernisse in Form von (anhaltenden, wendenden oder) erst anfahrenden Fahrzeugen befinden; insb für den Straßenverlauf in Tunneln spiegelt sich dies in § 8b Abs 2 StVO 1960 wider.

Am Vorliegen einer Autobahn ändert nichts, dass beim in Rede stehende Straßenverlauf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h bestand hat und es sich um einen Gegenverkehrsbereich gehandelt hat.

VwGH 25. 1. 2022, Ra 2020/11/0221

Entscheidung

Der vom VwG maßgeblich zu Gunsten des Mitbeteiligten gewichtete Umstand, dass der gegenständliche Straßenverlauf im Tunnel über mehrere hundert Meter geradlinig gewesen und aus diesem Grund gut einsehbar gewesen sei, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Dass das plötzliche Auftreten von Gegenverkehr nicht ausgeschlossen werden konnte, belegt schon die Feststellung des VwG, wonach ein LKW auf der entgegengesetzten Richtungsfahrbahn sich unmittelbar nach Abschluss des Wendemanövers der betreffenden Stelle näherte und abbremsen musste. Hinzu kommt, dass Fahrzeuglenker auf der entgegengesetzten Richtungsfahrbahn mit einem Wendemanöver in dem gegenständlichen Straßenbereich, der erlaubterweise mit verhältnismäßig hohen Geschwindigkeiten befahren werden kann, keinesfalls zu rechnen hatten (dazu etwa VwGH 21. 10. 1994, 94/11/0280, ZfV 1996/1594). Eine konkret aufgetretene Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ist hingegen nach der Rsp nicht erforderlich. Somit ist es auch nicht entscheidend, dass der Lenker des herannahenden LKW - wie im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt - den Mitbeteiligten rechtzeitig wahrgenommen und abgebremst habe und dieser zu diesem Zeitpunkt bereits wieder dabei gewesen sei, seinen PKW zu beschleunigen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32345 vom 06.04.2022