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Wertpapierdepot: Vorzeitige Verwertung – Kenntnis vom Schaden

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 920 f, § 1323

Der Kl macht der Sache nach einen vertraglichen Schadenersatzanspruch iSd §§ 920 f ABGB geltend: Die Bekl habe ihm gegenüber als begünstigtem Dritten die Verpflichtung übernommen, das von ihm verpfändete Wertpapierdepot erst nach Verwertung der Pfandliegenschaft zu realisieren; diese Vereinbarung habe die Bekl durch vorzeitige Verwertung des Depots verletzt.

Die vorzeitige Verwertung des Wertpapierdepots löste einen realen Schaden im Vermögen des Kl aus: Mit der Verwertung des Depots hat der Kl sein „Eigentum“ daran bzw seine Rechtszuständigkeit an den dort verwahrten Wertpapieren oder verbrieften Forderungen verloren. Dass er aufgrund der Verpfändung des Depots darüber nicht verfügungsberechtigt war, änderte nichts daran, dass er nach wie vor Inhaber dieses Depots bzw der darin verwahrten Wertpapiere war, sodass er sein Vollrecht mit Abdeckung der besicherten Verbindlichkeiten wieder unbeschränkt hätte ausüben können. Eine in Geld messbare Vermögenseinbuße ist für das Vorliegen eines „realen Schadens“ nicht unbedingt erforderlich, es reicht aus, dass die Zusammensetzung des Vermögens des Geschädigten nach dem schadensbegründenden Ereignis nicht seinem Willen entspricht. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Mit der Kenntnis von der Realisierung des Depots musste für den Kl klar sein, dass die Bekl die übernommene Verpflichtung nicht mehr erfüllen werde können. Daher ist die Auffassung der Vorinstanzen nicht korrekturbedürftig, bereits die Kenntnis des Kl von der – vereinbarungswidrigen – Realisierung seines Wertpapierdepots sei als Kenntnis des erlittenen Schadens zu werten.

Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung der Vorinstanzen, dass der reale Schaden des Kl mit der Realisierung seines Wertpapierdepots – unabhängig von späteren Entwicklungen – eingetreten ist und ihm – selbst bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Bekl – als Primärschaden zumindest ein Verfrühungsschaden entstanden wäre, mag dessen Höhe auch noch nicht bezifferbar gewesen sein. Dem Kl wäre die Einbringung einer Feststellungsklage daher offengestanden.

OGH 4. 11. 2021, 5 Ob 168/21y

Entscheidung

Es liegt auch kein Fall vor, in dem dem Kl als Geschädigten zuzubilligen wäre, wegen Ungewissheit darüber, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist, einen darüber behängenden Rechtsstreit abzuwarten. Hinsichtlich der Pfandliegenschaft, die vor dem verpfändeten Wertpapierdepot hätte versteigert werden müssen, war zwar ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig, mit dem vorliegenden Verfahren betr den Schaden des Kl aus der vorzeitigen Verwertung des Wertpapierdepots besteht jedoch kein Zusammenhang. Der Ersatzanspruch des Kl war mit der vertragswidrigen Verwertung seines Depots entstanden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32344 vom 06.04.2022