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ÜbG: § 1, § 22
Nach § 51 Abs 1 Z 6 JN gehören vor die selbstständigen Handelsgerichte, falls der Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert 15.000 € übersteigt, ua Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft sowohl während des Bestandes als auch nach der Auflösung des gesellschaftlichen Verhältnisses, sofern es sich nicht um eine Arbeitsrechtssache handelt. Diese Streitigkeiten können nach § 92b JN bei dem Gericht des Ortes angebracht werden, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, wobei es nach herrschender Auffassung Zweck dieser Bestimmung ist, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs bei einem Gericht zu konzentrieren. Dieser Grundsatz der Verfahrenskonzentration bei einem Gericht gilt auch iZm § 51 Abs 1 Z 6 JN.
Eine Europäische Gesellschaft (SE) als Unternehmerin kraft Rechtsform gem § 2 UGB ist unter den Begriff der „Handelsgesellschaften“ in § 51 Abs 1 Z 6 JN zu subsumieren.
Schadenersatzansprüche eines Gesellschafters (hier der SE), die aus der Verletzung der nach dem Übernahmegesetz bestehenden Verpflichtung, ein Pflichtangebot nach § 22 Abs 1 ÜbG zu stellen, abgeleitet werden, sind nicht nur dann unter § 51 Abs 1 Z 6 JN zu subsumieren, wenn die nach dem ÜbG in Anspruch genommenen Bekl unmittelbar als Gesellschafter an der Zielgesellschaft beteiligt sind, sondern auch dann, wenn sie (aufgrund des Bescheids der Übernahmekommission) als mittelbare Gesellschafter oder als gemeinsam vorgehende Rechtsträger nach § 1 Z 6 ÜbG haften.
OGH 27. 11. 2019, 6 Ob 175/19g
Entscheidung
Im Hinblick darauf, dass der Grundsatz der Verfahrenskonzentration bei einem Gericht auch iZm § 51 Abs 1 Z 6 JN gilt und diese Bestimmung selbst (gewisse) Streitigkeiten aus Rechtsverhältnissen der Gesellschafter zu Dritten erfasst, vermag sich der Fachsenat der Auffassung des Rekursgerichts, die nach dem Übernahmegesetz in Anspruch genommenen Bekl müssten unmittelbar als Gesellschafter an der Zielgesellschaft beteiligt sein, allerdings nicht anzuschließen. Diese Auffassung würde nämlich dazu führen, dass zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche zwar das angerufene Handelsgericht Wien sachlich zuständig wäre, wenn die Bekl unmittelbare Gesellschafter sind (hier: die Zweit- und die Viertbeklagte), jedoch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, soweit die Bekl „lediglich“ aufgrund des Bescheids der Übernahmekommission als mittelbare Gesellschafter (hier: die Erst- und die Drittbeklagte) oder als gemeinsam vorgehende Rechtsträger nach § 1 Z 6 ÜbG (hier: der Fünftbeklagte) haften. Obwohl für alle eine idente Anspruchsgrundlage besteht, könnte dieses Aufsplitten der sachlichen Zuständigkeit potenziell zu divergierenden Entscheidungen führen und würde außerdem dem Grundsatz der Verfahrenskonzentration bei einem Gericht widersprechen.
Gegen die hier vertretene Auffassung spricht auch nicht die Entscheidung 6 Ob 202/11s (= RdW 2012/224), die eine (analoge) Anwendung des § 51 Abs 1 Z 6 JN auf eine Schadenersatzklage eines Dritten gegen den faktischen Geschäftsführer ablehnte. Zur Begründung wurde dort ausgeführt, eine andere Auslegung würde die Klärung der Zuständigkeit mit erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten belasten und wäre ein derartiges Verständnis der Rechtssicherheit nicht förderlich, soll doch die Zuständigkeit des Gerichts möglichst einfach und klar umrissen sein. Das Argument der mangelnden Rechtssicherheit, das sich auch das Rekursgericht zu eigen machte, trägt jedoch jedenfalls nicht, wenn, – wie hier – der Personenkreis durch den Bescheid der Übernahmekommission klar umrissen ist.