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Bemerkungen zu einem Szenario unterschiedlicher Rechtsschutzprofile
Die vorliegende Studie skizziert zunächst ein Bild von der rechtlichen Grundarchitektur des Schutzes vor Belästigung am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) in der EU, auf Bundesebene und auf Landesebene. Weiters behandelt sie Beispiele von unterschiedlichen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Gestaltungen des Belästigungsschutzes. De lege ferenda regt der Autor an, verschiedene in der Gesamtschau von Bund und Ländern zu Tage tretende Rechtsschutzschwächen zu beheben und damit auch ein einheitlicheres Regelungsniveau im sensiblen Feld des Diskriminierungsschutzes zu schaffen.*
» Deskriptoren: Belästigungsschutz am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz); unterschiedliche Schutzradien; Konfrontationsschutz für Belästigungsopfer.
» Rechtsquellen: RL 2006/54/EG; RL 2000/43/EG; RL 2000/78/EG; B-GlBG; GlBG; NÖ Gleichbehandlungsgesetz; Oö. L-GBG; S.GBG; Stmk L-GBG; Tir L-GlBG; ZPO.
I. | Intro | ||||||||
II. | Grundzüge der Gestaltung des österreichischen Rechtsschutzes bei Belästigung
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III. | Landesgesetze betreffend die Arbeit (Ausbildung) im öffentlichen Dienst: unterschiedliche Schutzradien bei sexueller und anderer Belästigung
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IV. | Unterschiedlicher Rechtsschutz in unterschiedlichen Verfahrensgestaltungen
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V. | Schluss |
Seit geraumer Zeit verlangt das Recht der EU, dass Arbeitnehmer1 am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) vor Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts,2 der ethnischen Zugehörigkeit,3 der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters sowie der sexuellen Orientierung4 zu schützen sind.5 Belästigungen6 auf Grund dieser Eigenschaften7 gelten als Diskriminierungen,8 wobei Belästigungen auf Grund des Geschlechts in sexuelle Belästigungen9 und geschlechtsbezogene Belästigungen unterteilt10 werden.
Daneben verlangt das Unionsrecht auch einen Diskriminierungsschutz von Marktteilnehmern: Beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sind Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts11 sowie auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit12 verboten.13
Belästigung am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) ist rechtswidrig;14 geschieht sie fortgesetzt, so muss sie abgestellt werden. Im öffentlichen Dienst hat die zuständige Dienstbehörde für das Abstellen einer anhaltenden15 Belästigung zu sorgen,16 in der Privatwirtschaft der Arbeitgeber.17
Abgesehen davon ahndet das österreichische Recht Diskriminierung durch Belästigung weitgehend18 mit Hilfe des Schadenersatzrechtes:19 Wer belästigt worden ist, dem stehen gegen die Person, welche belästigt hat, Ansprüche auf Ersatz des materiellen wie des immateriellen Schadens zu.20 Wenn die Vertreter des Dienstgebers Bund, Land oder Gemeinde21 es schuldhaft unterlassen, im Falle einer Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen, stehen die Schadenersatzansprüche auch gegen den Dienstgeber zu22 (gleicherweise in der Privatwirtschaft auch gegen den Arbeitgeber, wenn er es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen23).
Folgende Behelfe privilegieren den Rechtsschutz bei Belästigung insofern, als sie den belästigten Personen eine einfachere Anspruchsverfolgung ermöglichen, als es die ABGB-basierten Grundregeln des Schadenersatzrechts24 vorsehen: 1. Die belästigte Person hat abgesehen vom Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens25 - durch Zuerkennung des Ersatzes des immateriellen Schadens wird die Verletzung der Würde ausgeglichen, wobei ein gesetzlich fixierter Mindestbetrag nicht unterschritten werden darf.26 2. Die belästigende Person haftet unabhängig vom Verschulden.27 3. Die belästigte Person muss das belästigende Geschehen nur glaubhaft machen (Beweismaßerleichterung28), während die andere Person nachweisen muss, dass die Belästigung nicht stattgefunden hat oder dass die Handlung wegen eines rechtfertigenden Umstandes nicht diskriminierend gewesen ist.29 4. Die Gleichbehandlungskommissionen bieten in Erfüllung ihrer Aufgabe, Diskriminierungsgeschehen wahrzunehmen und zu beurteilen30 - vor allem in Form von Gutachten und Einzelfallbeurteilungen31 -, eine niederschwellige und per se kosten-
lose Unterstützung32 von Personen, die glaubhaft gemacht haben, dass sie belästigt worden sind.33 5. Einzelne Gleichbehandlungsgesetze - das B-GlBG,34 das GlBG35 und das W-GBG36 - verpflichten das in der Folge angerufene Gericht bzw die angerufene Dienstbehörde, das Gutachten bzw die Einzelfallbeurteilung der Gleichbehandlungskommission zu berücksichtigen und, wenn es bzw sie von der Einschätzung der Kommission abweicht, dies eigens zu begründen.37 6. Einer Person, die sich als diskriminiert erachtet und dies in einem Verfahren geltend macht, darf daraus kein Nachteil erwachsen (Benachteiligungsverbot).38
Auf Bundesebene ist der Schutz werktätiger (in Ausbildung befindlicher)39 Menschen gegen Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Orientierung sowie einer Behinderung grundlegend40 in drei Gesetzen geregelt: mit Blick auf Behinderung durch das BEinstG,41 mit Blick auf die anderen Diskriminierungsgründe durch das GlBG, wenn es um Beschäftigungen in der Privatwirtschaft geht,42 und durch das B-GlBG, wenn es um Dienstverhältnisse zum Bund geht.43 Nach allen drei Gesetzen beginnt der Diskriminierungsschutz bereits mit der Stellenausschreibung und umfasst unter anderem die Begründungsphase und die Beendigung des Dienstverhältnisses.44
Was den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen betrifft, verbietet das GlBG Diskriminierung auf Grund des Geschlechts sowie der ethnischen Zugehörigkeit,45 das BGStG auf Grund einer Behinderung.46
Die Bundesländer treffen durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen47 Vorsorge dafür, dass Menschen in einem Dienstverhältnis (Ausbildungsverhältnis) zu einem Land oder zu einer Gemeinde (zu einem Gemeindeverband)48 vor Diskriminierungen an ihrem Arbeits- bzw Ausbildungsplatz geschützt werden.49 Für Arbeit und Ausbildung im land- und forstwirtschaftlichen Bereich hat es bis Ende 2019 Landesregelungen gegeben - meist Landarbeitsordnungen genannt -, die, Grundsatzbestimmungen des GlBG folgend, Diskriminierungsschutz vorgesehen haben; sie gelten nunmehr als partikuläres Bundesrecht.50 In allen genannten Bereichen beginnt der Diskriminierungsschutz bereits mit der Stellenausschreibung und umfasst unter anderem die Begründungsphase und die Beendigung des Dienstverhältnisses.51
Darüber hinaus gibt es auf Landesebene eigene Antidiskriminierungsgesetze,52 deren regulatorisches Spezifikum darin besteht, dass die für Länder und Gemeinden tätigen Organe verpflichtet werden, ihr Organhandeln diskriminierungsfrei zu gestalten, wenn es (im Rahmen der Regelungskompetenz der Länder und Gemeinden) um den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie um die Angelegenheiten Ge-
sundheit, Soziales und Bildung geht;53 dabei gewährleisten die Landesgesetze die Diskriminierungsfreiheit nicht wie das GlBG nur mit Blick auf Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit,54 sondern mit Blick auf alle sechs Diskriminierungsmarker.55
Anders als auf Bundesebene ist der Diskriminierungsgrund der Behinderung nicht in eigene Gesetze ausgelagert, sondern in die Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsgesetze der Länder integriert.
Der Schutz am Arbeits- bzw Ausbildungsplatz gegen Belästigung wird mehrheitlich durch ein dreiteiliges Tatbestandsmodell normiert. Dieses dreiteilige Modell sieht eine Haftung für Belästigung in folgenden Konstellationen vor: erstens, wenn die Vertreter der Dienstgeber56 belästigen, zweitens, wenn "die Vertreterin (der Vertreter) des Dienstgebers es schuldhaft unterläßt, eine angemessene Abhilfe zu schaffen"57, und drittens, wenn Dritte58 belästigen.59
Neben dem dreiteiligen Tatbestandsmodell, das ob seiner oftmaligen Verwendung als repräsentativ gelten kann,60 gibt es in den Bundesländern Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Wien Tatbestandsgestaltungen mit kleineren Schutzradien: Die Gleichbehandlungsgesetze dieser Länder haben Belästigungstatbestände, welche der belästigten Person gegenüber bestimmten Belästigern keinen direkten Schutz gewähren: gegenüber Belästigern, die kein Dienstverhältnis zum Dienstgeber der belästigten Person haben - zum Beispiel gegenüber Klienten, Mandanten, Patienten (Niederösterreich, Salzburg, Tirol); gegenüber Belästigern, die zwar ein Dienstverhältnis zum Dienstgeber der belästigten Person haben, aber nicht zu den hierarchisch übergeordneten "Vertretern des Dienstgebers" gehören (Salzburg, Tirol).61 In Wien bietet das W-GBG den Bediensteten hinsichtlich des Markers Geschlecht Schutz gegen jeden Belästiger;62 hinsichtlich der anderen Diskriminierungsmarker werden Belästiger, die kein Dienstverhältnis zu Wien haben, dem Bediensteten, den sie an dessen Arbeitsplatz/Ausbildungsplatz belästigen, aber nicht verantwortlich, weil die einschlägigen Vorschriften für diese Konstellation kein Belästigungsdelikt vorsehen.63
Die Rechtsschutzlücke trifft in der Praxis häufig Landesbedienstete des Betreuungs- und Pflegepersonals, die sexuellen Belästigungen durch jene ausgesetzt sind, die sie betreuen bzw pflegen; da Niederösterreich, Salzburg und Tirol den Bediensteten keinen direkten Schutz gegenüber Dritten gewähren, können dritte Belästiger von den Belästigten nicht belangt werden. Die Gleichbehandlungsgesetze der drei Bundesländer sind derart ge-
staltet, dass Bedienstete weder den Anspruch haben, von Dritten nicht belästigt zu werden, noch einen Schadenersatzanspruch gegen Dritte erheben können, wenn sie von diesen belästigt worden sind.
Angesichts des Umstandes, dass die Belästigungstatbestände auf Unionsrecht zurückgehen, ist zu prüfen, ob die Gleichbehandlungsgesetze der genannten Länder die Vorgaben der EU unvollständig umgesetzt haben und daraus folgt, dass Unionsrecht direkt anzuwenden sei.64 Dieser Ansatz, der methodisch grundsätzlich in Frage kommt, führt hier freilich nicht zum Ziel, denn die RL 2006/54/EG 65 betont ganz allgemein, dass die Würde der Bediensteten zu schützen ist - insbesondere vor Übergriffen wie Belästigungen -, spezifiziert aber keine Personengruppen als mögliche Belästiger.66 Dazu kommt, dass es in der Regel abgelehnt wird, Richtlinienreglements im direkten Weg auf das Verhältnis von Privaten - also horizontal - anzuwenden.67
Somit sind die zuständigen Landesgesetzgeber aufgerufen, die Rechtschutzlücken zu schließen, indem sie die Belästigung durch Dritte als Diskriminierung verbieten und dafür sorgen, dass den von Dritten belästigten Bediensteten auch gegen die Dritten jene Ansprüche zukommen, die bei Belästigung vorgesehen sind.68
Das Unterfangen solcher Novellierungen der betreffenden Landesgesetze kann sich auf vier gewichtige Argumente stützen:
1. Zwar schließt das bundesstaatliche Prinzip aus, Vorschriften verschiedener Bundesländer juristisch im Lichte des Gleichheitssatzes zu betrachten und unter Umständen als diesem nicht genügend zu qualifizieren,69 doch gibt es auch einen (rechts-)politischen Diskurs, und in diesem fällt es schwer, die deutlich unterschiedlichen Reichweiten beim Schutz vor Belästigung Dritter zu begründen. Kurz als Frage formuliert: Was lässt sich als ernsthaftes politisches Argument dafür anführen, dass der Landes- oder Gemeindebedienstete im Burgenland, in Kärnten, in Oberösterreich, in der Steiermark und in Vorarlberg gegen Belästigung Dritter geschützt wird, in Niederösterreich, in Salzburg und in Tirol aber nicht?70
2. Niederösterreich, Salzburg und Tirol haben Landarbeitsordnungen, die für Belästigung von Arbeitnehmern in der Land- und Forstarbeit den dreiteiligen Tatbestand vorsehen - also inklusive Verbot der Belästigung durch Dritte.71 Bis 31. 12. 2019 war es juristisch zulässig, die unterschiedlichen Belästigungsregelungen innerhalb des jeweiligen Landes als gleichheitswidrig zu kritisieren;72 seit 1. 1. 2020 gelten die Landarbeitsordnungen aber als partikuläres Bundesrecht,73 und somit verbietet sich der Vergleich der Landarbeitsordnungen mit den unverändert landesrechtlichen Gleichbehandlungsgesetzen.74 Was aber bleibt, ist - ähnlich wie oben bei 1. - auch hier die rechtspolitische Frage: Warum sind die Arbeitnehmer in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft besser geschützt als die Bediensteten der Länder und Gemeinden? Insbesondere angesichts des Umstandes, dass der EuGH Österreich mehrfach wegen der schlechteren Behandlung von Beamten gegenüber Angestellten (mit Blick auf die Anrechnung von Vordienstzeiten) verurteilt hat,75 erscheint auch die Schlechterbehandlung der öffentlich Bediensteten beim Belästigungsschutz politisch fragwürdig.
3. In den Analysen und Evaluationen großer Interessenvertretungen und anderer Institutionen, die sich auf der Ebene der EU mit dem Thema beschäftigen, wie die Bedingungen in der Arbeitswelt gestaltet sein sollen, werden "customers and clients" seit Jahren als mögliche Belästiger genannt, vor deren Übergriffen Dienstnehmer zu schützen sind.76 Dieser vielstimmige,
aber inhaltlich gleichlautende Ruf, dass am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) für Sicherheit vor jeglichen Übergriffen gesorgt sein müsse, ist als starkes Signal für die Gestaltung eines Rechtsschutzes zu verstehen, der auch gegen die Belästigung durch Dritte Abhilfe schafft.
4. Ein tragfähiges juristisches Argument ergibt sich aus den Richtlinien. Immer wieder betonen die Richtlinien, der Schutz der Dienstnehmer gegen Belästigung am Arbeitsplatz müsse "wirksam" sein.77 Diese Äußerung lässt sich nicht als rein programmatische abtun. Daher werden Tatbestandgestaltungen als mangelhaft zu kritisieren sein, welche belästigten Dienstnehmern kein Recht einräumen, gegen Belästiger vorzugehen, wenn diese nicht im Dienst des Rechtsträgers stehen (zum Beispiel Klienten, Mandanten, Patienten)78 oder wenn diese nur "einfache" Kollegen79 des belästigten Dienstnehmers sind.80 Solche Einschränkungen bieten keine Gewähr, dass der Dienstnehmer am Arbeitsplatz rundum - eben "wirksam" - vor Diskriminierungen geschützt ist, und widersprechen daher den rechtlichen Vorgaben der Richtlinien.
Eine bemerkenswerte Vielfalt weisen die Gleichbehandlungsgesetze der Länder auch bei den verfahrensrechtlichen Vorschriften auf.
Als Referenzmodell diene die Regelung des B-GlBG: Dass ein fortdauerndes Diskriminierungsgeschehen beendet wird, richtet sich als Forderung an die Diskriminierenden wie an die Vertreter des Dienstgebers, deren Dienstaufsicht das Geschehen unterliegt.81
Ansprüche auf Schadenersatz sind bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, wenn die diskriminierte Person eine vertragliche Dienstnehmerin oder ein vertraglicher Dienstnehmer des Bundes ist82 oder wenn ein Beamter gegen natürliche Personen vorgeht, also gegen Vertreter des Dienstgebers, die diskriminiert haben, oder gegen dritte Belästiger.83 Verlangt der Beamte allerdings vom Bund Schadenersatz, weil Vertreter des Dienstgebers es schuldhaft unterlassen haben, gegen die Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen, so führt der Weg zur Dienstbehörde.84 Auch in dieser Konstellation gibt es insofern gerichtlichen Rechtsschutz, als die betroffene Person den Bescheid ihrer Dienstbehörde beim BVwG anfechten und dessen Entscheidung allenfalls vom VwGH überprüfen lassen kann.85
Allerdings weisen die beiden Rechtsschutzpfade - ordentliches Gericht oder Dienstbehörde - mit Blick auf den Opferschutz86 einen Unterschied auf, der in zweifacher Hinsicht bedeutsam sein kann. Der Unterschied liegt im Instrument der "Abgesonderten Vernehmung"87 der belästigten Menschen, das in § 289a ZPO 88 als "Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung"89 vorgesehen ist.90 In den meisten anderen Verfahrensordnungen fehlt solch ein schutzorientierter Erhebungsmodus.
Belästigung ist ein traumatisierendes Geschehen, und dies gilt im Besonderen für sexuelle Belästigung.91 Nun bietet die ZPO gemäß § 289a mit der abgesonderten Vernehmung die Möglichkeit, zu vermeiden, dass die belästigte Person erneut mit dem Menschen, der sie belästigt hat, konfrontiert wird. Dieser Konfrontationsschutz ist in den Verfahren vor der Dienstbehörde meist nicht92 vorgesehen (zum Beispiel AVG93 und Dienstrechts-
verfahrensgesetze) und fehlt in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (VwGVG).94
Zwei bedeutende Vorteile der abgesonderten Vernehmung seien hier kurz angesprochen: Zum einen führt sie zu einer besseren Klärung des Tatgeschehens95 als ein Verfahrensmodus, bei dem der belästigte Mensch gerade in seinen Möglichkeiten, sich zu erinnern und über die Geschehnisse zu sprechen, von der Re-Traumatisierung beeinträchtigt ist, die von der Angst ausgelöst wird, seinem Belästiger wieder zu begegnen. Zum anderen kann diese Angst den belästigten Menschen davor abschrecken, seine Schadenersatzansprüche überhaupt geltend zu machen.96 Hürden wie diese abzubauen, ist jedenfalls im Interesse eines angemessenen Rechtsschutzes geboten. Dass dieser Bedarf da und dort wahrgenommen wird, zeigen neben dem AußStrG97 einige Dienstrechtsgesetze - Bund,98 Burgenland,99 Kärnten100 und Wien101 - sowie die Dienstrechtsgesetze für Landeslehrer und land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer:102 Sie sehen im Interesse der Betroffenen die Möglichkeit der abgesonderten Vernehmung "unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung"103 vor; in Verfahren vor Gleichbehandlungskommissionen bieten abgesonderte Befragungen den Betroffenen einen ähnlichen Schutz.104
Die Steiermark und Oberösterreich haben Zuständigkeitsvorschriften, die von dem Modell abweichen, das nach B-GlBG105 wie nach den entsprechenden Bestimmungen der anderen Bundesländer gilt.
In der Steiermark verfügt § 30 Abs 5 L-GBG,106 dass Vertragsbedienstete Ansprüche wegen Belästigung gerichtlich, Beamte mit Antrag beim Dienstgeber geltend zu machen haben. Da Beamte der Steiermark demnach bei ihrem Geltendmachen solcher Ansprüche nie zu den ordentlichen Gerichten kommen, haben sie nie den Vorteil der abgesonderten Vernehmung nach § 289a ZPO.107 Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn sie gegen natürliche Personen - Vorgesetzte, Kollegen, Dritte - als Belästiger vorgehen, was außerhalb der Steiermark in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte fällt.108
Etwas komplexer ist der Rechtsschutz im Gleichbehandlungsgesetz Oberösterreichs gestaltet: Will der belästigte Beamte Ansprüche gegen das Land geltend machen (weil die Vertreter des Dienstgebers es schuldhaft unterlassen haben, gegen die Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen), so ist ein Antrag bei der Dienstbehörde zu stellen. Über diesen Antrag hat die Dienstbehörde bescheidmäßig abzusprechen (§ 19 Abs 2 Oö. L-GBG).109 Nach § 19 Abs 3 Satz 1 Oö. L-GBG110 "kann" der Beamte dann "den Schadenersatzanspruch nach den §§ 15, 17 Z 2 und 18 Abs. 2111 beim zuständigen Gericht mittels Klage geltend machen".112 Wird dieser Rechtsweg gewählt, so fällt die Entscheidung der Dienstbehörde weg; bei Zurücknahme der Klage wird der Bescheid nicht wieder wirksam.113
Die Synopse landesrechtlicher Vorschriften zum Schutz vor sexueller und anderer Belästigung hat einige länderspezifische Unterschiede gezeigt. Von der Warte der Bundesverfassung ist dies insofern unproblematisch, als das bundesstaatliche Prinzip Raum gibt für unterschiedliche landesrechtliche Gestaltungen. Von der Warte des Unionsrechts indes erscheint der bisweilen "unterdurchschnittliche" landesrechtliche Belästigungsschutz fragwürdig, betonen die einschlägigen Richtlinien doch die besondere Bedeutung und den besonderen Schutzanspruch der personalen Würde:114 Das Programm, diese Würde zu wah-
ren, zieht dem Feld der nationalen Rechtsgestaltung wohl engere Grenzen, als dies bei weniger heiklen Materien der Fall ist.115 Die Synopse hat zudem ein auf Landes- wie auf Bundesebene bestehendes Manko sichtbar gemacht: Der Schutz von Belästigungsopfern mithilfe des Verfahrensbehelfs der abgesonderten Vernehmung steht bislang nicht konsequent, sondern eher sporadisch zur Verfügung.116
Dieser Artikel ist aus einer Keynote entstanden, die ich am 21. 10. 2019 bei der Länderkonferenz der Gleichbehandlungsbeauftragten der Länder und Gemeinden in St. Pölten gehalten habe. Mein Dank geht an Christine Rosenbach, Gleichbehandlungsbeauftragte des Landes Niederösterreich, für die Einladung wie für die spannenden Themenstellungen, und weiters an die Konferenzteilnehmerinnen für die aufschlussreiche wie anregende Debatte.
Für aufmerksames Lesen des Artikels und wertvolle Verbesserungsvorschläge danke ich Michael Binder, Isabella Gorgosilich-Mujzer, Elisabeth Holzleithner, Philipp Klausberger, Sandra Konstatzky, Ingrid Löscher-Weninger und Michaela Windisch-Graetz vielmals.
Die Publikationsvorgaben der "Zeitschrift für Verwaltung" verlangen die Formulierung der Personenbezeichnungen im Maskulinum.
RL 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 5. 7. 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, ABl 2006 L 204/23.
RL 2000/43/EG des Rates v 29. 6. 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl 2000 L 180/22.
RL 2000/78/EG des Rates v 27. 11. 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl 2000 L 303/16.
RL 2000/78/EG ErwG 12: "[…] sollte jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden […]."
Im Primärrecht vgl Art 19 AEUV (Diskriminierungsgründe und Diskriminierungsverbot), Art 157 AEUV (gleiches Entgelt für Männer und Frauen).
Zum Themenkreis des Schutzes vor Diskriminierungen am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) siehe etwa Greif/Ulrich, Legal Gender Studies und Antidiskriminierungsrecht2 (2019); Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG. Gleichbehandlung - Antidiskriminierung (2009); Robert Rebhahn, GlBG. Gleichbehandlungsgesetz Kommentar (2005).
Art 2 Abs 1 lit c RL 2006/54/EG definiert Belästigung mit Blick auf das Geschlecht (also sexuelle wie geschlechtsbezogene Belästigung), die Definition gilt aber - abgesehen vom Element "Geschlecht" - für alle Diskriminierungsgründe: "Art 2 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck […] c) ‚Belästigung‘ unerwünschte auf das Geschlecht einer Person bezogene Verhaltensweisen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird."
Die sechs Eigenschaften (siehe bei FN 2-4) gehen mit bestimmten Zuschreibungen einher, weshalb sie auch (Diskriminierungs-)Marker genannt werden.
RL 2006/54/EG ErwG 6: "Die Belästigung einer Person und die sexuelle Belästigung stellen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen dar und sind somit als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne dieser Richtlinie anzusehen […]."
1993 verbot § 7 B-GlBG sexuelle Belästigung, seit 2004 verbietet sie § 8 B-GlBG; das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) verbot durch § 2 Abs 1a und 1b sexuelle Belästigung 1993, durch § 12 Abs 1a und 1b (Grundsatzbestimmung) 1992, seit 2004 verbieten §§ 6, 46 GlBG sexuelle Belästigung. Geschlechtsbezogene Belästigung ist seit 2004 verboten - § 8a B-GlBG und §§ 7, 47 GlBG.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) umfasst eine variantenreiche Verhaltenspalette, wobei körperlicher Kontakt kein entscheidendes Merkmal ist (anders bei § 218 StGB, siehe FN 14). So bedeuten beispielsweise folgende Verhaltensweisen sexuelle Belästigungen: Poster von Pin-ups im Arbeitsbereich (auch am PC), pornografische Bilder am Arbeitsplatz (auch am PC bzw Mousepad), Anstarren, taxierende Blicke, anzügliche Witze, Hinterherpfeifen, anzügliche Bemerkungen über Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben, eindeutige verbale sexuelle Äußerungen, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger (benannter) Absicht, Telefongespräche und Briefe oder E-Mails (oder SMS-Nachrichten) mit sexuellen Anspielungen, Versprechen von beruflichen Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen, Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung, zufällige/gezielte körperliche Berührungen (zB Pokneifen und -klapsen), Aufforderung zu sexuellen Handlungen, exhibitionistische Handlungen (Quelle: https://www.oesterreich.gv.at/themen/arbeit_und_pension/sexuelle_belaestigung_am_arbeitsplatz/Seite.2550002.html, zuletzt geprüft am 10. 2. 2020).
RL 2002/73/EG ändert RL 76/207/EWG ua durch die Unterscheidung in "Belästigung" (gemeint ist die geschlechtsbezogene Belästigung) und "sexuelle Belästigung"; vgl RL 2002/73/EG ErwG 8, 9, Art 2 Abs 3, 5.
RL 2000/43/EG. Diese RL schafft hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit einen noch weitergehenden Diskriminierungsschutz - allgemein formuliert in RL 2000/43/EG ErwG 12, "[es] sollten spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft über die Gewährleistung des Zugangs zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit hinausgehen und auch Aspekte wie Bildung, Sozialschutz, einschließlich sozialer Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, mit abdecken", genauer ausgeführt in RL 2000/43/EG Art 3.
Mit Blick auf die Marker Behinderung, Religion oder Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung ist der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen nicht durch ein unionsrechtliches Diskriminierungsverbot geschützt.
Das strafrechtliche Delikt der sexuellen Belästigung kann auch außerhalb des Arbeitsplatzes (Ausbildungsplatzes) begangen werden, erfordert aber bestimmte Formen von vorsätzlichem (sexuell konnotierten) Körperkontakt: § 218 StGB verlangt in Abs 1 eine "geschlechtliche Handlung", in Abs 1a, dass "eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt" wird.
Bereits ein einmaliges, kurzzeitiges belästigendes Verhalten mit Bezug auf einen der sechs Marker (siehe bei FN 2-4) erfüllt den Belästigungstatbestand. Im Unterschied dazu ist für Mobbing "eine andauernde Handlung, ein prozesshaftes Geschehen" (RIS-Justiz RS0124076) charakteristisch.
Auf Bundesebene geht dies aus den §§ 9 und 16a B-GlBG (Diskriminierung als Dienstpflichtverletzung) iVm § 45 Abs 1 BDG 1979 (Dienstpflichten des Vorgesetzten und des Dienststellenleiters) hervor. Vgl § 8 Bgld. L-GBG, § 8 K-LGBG, § 4 Abs 3 NÖ Gleichbehandlungsgesetz, § 8 Oö. L-GBG, § 10 S.GBG, § 49 Stmk L-GBG, §§ 22, 36 Tir L-GlBG, § 8 W-GBG.
Dies ergibt sich bereits aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; vgl etwa OGH 29. 10. 2013, 9 ObA 65/13v; 21. 12. 2011, 9 ObA 118/11k; 5. 6. 2008, 9 ObA 18/08z. Spezifische Schadenersatzvorschriften wie zB § 6 Abs 1 Z 2, § 7 Abs 1 Z 2, § 21 Abs 1 Z 2 GlBG machen klar, dass der Arbeitgeber für das Abstellen sorgen muss, sonst diskriminiert er selbst und haftet dementsprechend.
Der Sanktionstypus der Verwaltungsstrafe ist ua vorgesehen, wenn in der Privatwirtschaft eine Stelle in diskriminierender Weise ausgeschrieben wird (§§ 10, 24 GlBG), sowie bei diskriminierendem Inserieren von Wohnraum (§ 37 GlBG, betrifft nur die Marker Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit).
§ 58 GlBG legt als einen der "Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft" (siehe FN 50) fest, dass die so genannten Landarbeitsordnungen für den Fall diskriminierender Stellenausschreibungen Verwaltungsstrafen vorzusehen haben; vgl zB §§ 232o, 235 Abs 5 Burgenländische Landarbeitsordnung.
Weiters bestimmen Antidiskriminierungsvorschriften der Länder, dass bei diskriminierendem Handeln der Landes- und Gemeindeorgane Verwaltungsstrafen gegen die betreffenden Organwalter zu verhängen sind (was allfällige Schadenersatzansprüche belästigter Personen nicht ausschließt). Vgl § 34 Bgld. ADG, § 34 K-ADG, § 11 NÖ ADG, § 18 Oö. ADG, § 18 Vorarlberg ADG, § 6 Wiener Antidiskriminierungsgesetz. In Tirol sieht das TADG keine Verwaltungsstrafe vor. Salzburg und die Steiermark haben keine Antidiskriminierungsgesetze.
Vgl RL 2006/54/EG ErwG 33. Mehrfach verlangen die einschlägigen Richtlinien, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen: vgl RL 2006/54/EG ErwG 6, 35, Art 18, 25; vgl RL 2000/43/EG ErwG 26, Art 15; vgl RL 2000/78/EG ErwG 35, Art 17.
Vgl § 19 B-GlBG, § 12 GlBG.
Auf Gemeindeebene kann auch ein Gemeindeverband Dienstgeber sein; vgl § 1 Abs 1 Bgld. L-GBG, § 1a Abs 1 K-LGBG, §§ 1, 2 Abs 1 NÖ Gleichbehandlungsgesetz, § 1 Oö. Gemeinde-Gleichbehandlungsgesetz (Oö. G-GBG), § 2 Abs 1 S.GBG, § 2 Abs 1 Stmk L-GBG, § 1 Tir Gemeinde-Gleichbehandlungsgesetz (G-GlBG), § 1 Abs 2 lit a Vorarlberg ADG.
Vgl etwa § 19 Abs 2 B-GlBG, § 18 Abs 2 Bgld. L-GBG, § 17 Abs 2 K-LGBG, § 6 NÖ Gleichbehandlungsgesetz, § 18 Abs 2 Oö. L-GBG, § 19 Abs 2 Z 1 S.GBG, § 28 Abs 2 Stmk L-GBG, § 20 Abs 2 Tir L-GlBG, § 2 Abs 6 lit b iVm § 9 Abs 6 Vorarlberg ADG, § 17 Abs 2 W-GBG.
Vgl § 6 Abs 1 Z 2, § 7 Abs 1 Z 2, § 21 Abs 1 Z 2 GlBG; vgl § 51 Abs 8 GlBG im Abschnitt "Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft".
Wiewohl das unter dem Regime des ABGB stehende zivilrechtliche Schadenersatzecht vielfach diversifiziert worden ist, gelten folgende Profile immer noch als seine Hauptcharakteristika: Der Ersatz immateriellen Schadens wird nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - zB schweres Verschulden, spezielle Deliktstatbestände - zuerkannt (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 [2015] Rz 1354); prinzipiell verlangt eine Schadenshaftung auch das Verschulden der schädigenden Person (Welser/Zöchling-Jud, aaO Rz 1328, 1336); die Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen trifft die geschädigte Person (vgl RIS-Justiz RS0106638), bloßes Glaubhaftmachen genügt nicht; geschädigte Personen werden prinzipiell nicht durch "Vorverfahren" unterstützt, auf deren Ergebnisse die Gerichte Rücksicht nehmen müssten (siehe FN 37).
Siehe FN 20.
Fast alle Gleichbehandlungsgesetze sehen € 1.000,- als Mindestbetrag vor, § 18 Abs 3 Oö. L-GBG setzt € 720,- fest; § 4 Abs 1 Wiener Antidiskriminierungsgesetz sieht € 1.000,- vor, während das W-GBG keinen Betrag festlegt.
Vgl EuGH 8. 11. 1990, Rs C-177/88, Dekker, EU:C:1990:383; 22. 4. 1997, Rs C-180/95, Draehmpaehl, EU:C:1997:208.
Sachlich geht es um eine Beweismaßerleichterung; die einschlägigen Gesetze verwenden mehrfach den Terminus "Beweislastumkehr". Die Beweismaßerleichterung gilt für das jeweilige Belästigungsverfahren - vor der Gleichbehandlungskommission, vor der Dienstbehörde und vor Gericht; siehe folgende FN.
Vgl RL 97/80/EG, nunmehr RL 2006/54/EG ErwG 30, Art 19 Abs 1. Vgl §§ 20a, 25 Abs 2 B-GlGB; § 12 Abs 12, § 26 Abs 12, § 38 Abs 3, § 51 Abs 9 GlBG. Vgl §§ 19a, 19i, 25 Abs 2 Bgld. L-GBG; § 18 Abs 4 und 4a, § 23 Abs 3 K-LGBG; § 7 Abs 3 NÖ Gleichbehandlungsgesetz; §§ 19b, 25 Abs 2 Oö. L-GBG; § 20 Abs 5, § 29 Abs 2, § 37 Abs 3 S.GBG; § 30 Abs 6, § 33 Abs 2, § 40 Abs 5 Stmk L-GBG; §§ 24, 43 Abs 2 Tir L-GlBG 2005; § 7 Abs 5 Vorarlberg ADG; § 18 Abs 4, § 25 Abs 1 Z 2 W-GBG.
Diese Beweislastregel ist auch in den Antidiskriminierungsgesetzen der Länder anzutreffen: §§ 21, 28, 29j Abs 2 Bgld. ADG; §§ 25, 27 Abs 2, § 29 Abs 5, § 33c Abs 2 K-ADG; § 9 Abs 2 NÖ ADG; § 8 Abs 2, § 13 Abs 6 Oö. ADG; § 10 TADG; zu Vorarlberg siehe vorherigen Absatz; § 5 Wiener Antidiskriminierungsgesetz.
Gem § 21 Oö. L-GBG heißt das Organ in Oberösterreich Gleichstellungskommission, nicht Gleichbehandlungskommission. Zu "Aufgaben" vgl etwa § 23 B-GlBG, § 8 GBK/GAW-Gesetz, § 53 GlBG, § 22 Bgld. L-GBG, § 22 Oö. L-GBG, § 35 S.GBG, §§ 37 bis 38a Stmk L-GBG, § 41 Tir L-GlBG, § 12 Vorarlberg ADG.
Abgesehen von den Einzelfallbeurteilungen geben die Gleichbehandlungskommissionen Stellungnahmen zu generell-abstrakten Vorschlägen oder Konzepten ab (zB in Gesetzgebungsverfahren); vgl § 23 Abs 2 B-GlBG, § 11 GBK/GAW-Gesetz, § 22 Abs 2 Bgld. L-GBG, § 19 Abs 5 K-LGBG, § 12 Abs 7 Satz 1 NÖ Gleichbehandlungsgesetz, § 22 Abs 2 Oö. L-GBG, § 35 Abs 2 Z 3 S.GBG, § 37 Stmk L-GBG, § 41 Abs 1 lit c Tir L-GlBG, § 12 Abs 2 lit d Vorarlberg ADG, § 21 Abs 2 W-GBG.
Nach § 23a B-GlBG sind alle Beurteilungen der Gleichbehandlungskommission des Bundes "Gutachten", während für den privatwirtschaftlichen Bereich das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-Gesetz) zwischen "Gutachten" (§ 11 GBK/GAW-Gesetz) - das sind Stellungnahmen zu generell-abstrakten Vorschlägen oder Konzepten (siehe vorherige FN) - und "Einzelfallprüfung" (§ 12 GBK/GAW-Gesetz) unterscheidet. Das NÖ Gleichbehandlungsgesetz und das Vorarlberg ADG weisen keine eigene Bezeichnung für die Einzelfallprüfung auf; die Gleichbehandlungsgesetze der anderen Bundesländer bezeichnen die Einzelfallprüfung der jeweiligen Gleichbehandlungskommission als "Gutachten".
§ 23a Abs 4 Satz 1 B-GlBG bestimmt: "Die Antragstellerin oder der Antragsteller nach Abs. 2 Z 1 oder 2 hat das Recht, sich durch eine Person ihres oder seines Vertrauens, insbesondere durch eine Vertreterin oder einen Vertreter einer Interessenvertretung oder einer Nichtregierungsorganisation, im Verfahren vor der Kommission vertreten zu lassen." Vgl weiters § 12 Abs 2 Satz 1 GBK/GAW-Gesetz, § 23 Abs 4a Satz 1 Bgld. L-GBG, § 21 Abs 2 Z 3 bis 6 K-LGBG, § 38 Abs 4 Satz 1 Stmk L-GBG, § 43 Abs 3 Tir L-GlBG, § 14 Abs 1 Satz 1 Vorarlberg ADG, § 18 Abs 5 W-GBG.
Eine nähere Erörterung der spezifischen Rechtsnatur der Gleichbehandlungskommissionen sei einer eigenen Studie vorbehalten.
Bundes-Gleichbehandlungsgesetz - B-GlBG, BGBl 100/1993 idF BGBl I 58/2019.
Gleichbehandlungsgesetz - GlBG, BGBl I 66/2004 idF BGBl I 40/2017.
Wiener Gleichbehandlungsgesetz - W-GBG, LGBl 18/1996 idF LGBl 42/2019.
"Begründungspflicht des Gerichtes", § 61 GlBG; nach § 20 Abs 5a B-GlBG trifft diese Begründungspflicht "die Dienstbehörde oder das Gericht". Auf Landesebene findet sich eine entsprechende Vorschrift nur in § 18 Abs 4a W-GBG. Die anderen Bundesländer sehen solch eine Bestimmung nicht vor; das Gutachten der jeweiligen Landes-Gleichbehandlungskommission ist im Verfahren vor der Dienstbehörde oder dem Gericht eines der Beweismittel, es hat keine Sonderstellung.
§ 20b B-GlBG; §§ 27, 39 GlBG; §§ 19b, 19j Bgld. L-GBG; § 18 Abs 6 K-LGBG; § 7a NÖ Gleichbehandlungsgesetz; § 19a Oö. L-GBG; § 9a S.GBG; §§ 31, 32a Stmk L-GBG; § 25 Tir L-GlBG; § 8 Vorarlberg Antidiskriminierungsgesetz.
Unionsrecht wie nationales Recht fokussieren auf den Diskriminierungsschutz von Arbeitnehmern, doch wird dieser in mancher Hinsicht auf Selbständige erstreckt. Vgl Gleichbehandlungsrichtlinie für Selbständige RL 2010/41/EU. § 18 GlBG sieht unter dem Titel "Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt" ua Diskriminierungsschutz vor "[…] 3. bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit".
Schutzvorschriften gegen Belästigung sind auch in anderen Bundesgesetzen anzutreffen, zB im Universitätsgesetz (vgl §§ 42 f UG) sowie in Frauenförderungs- und Gleichstellungsplänen (erlassen als Verordnungen oder Satzungsteile).
Vgl §§ 7a ff Behinderteneinstellungsgesetz - BEinstG, BGBl 22/1970 idF BGBl I 32/2018.
Vgl § 1 B-GlBG.
Vgl § 30 GlBG. Zum Unionsrecht siehe FN 12. Mit Blick auf die ethnische Zugehörigkeit verbietet § 30 Abs 2 GlBG Diskriminierungen auch beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, bei sozialen Vergünstigungen und bei der Bildung.
Vgl § 2 Abs 2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG, BGBl I 82/2005 idF BGBl I 32/2018.
Der landesrechtliche Schutz vor Belästigung am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) findet sich in den Gleichbehandlungsgesetzen wie in manchen Antidiskriminierungsgesetzen. Siehe FN 52 f.
Dieser Artikel fokussiert auf belästigungsrelevante Vorschiften für Landesbedienstete. Eine nähere Erörterung des Gemeindedienstes sei einer eigenen Studie vorbehalten.
Vorarlberg hat ein Antidiskriminierungsgesetz, in dem auch die Gleichbehandlungsagenden abgedeckt sind. Die anderen Bundesländer haben Gleichbehandlungsgesetze.
Art 11 Abs 1 Z 9 und Art 151 Abs 63 Z 4 B-VG (vgl BGBl I 14/2019). Ehedem lag nach Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG für den Bereich "Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt", die Gesetzgebung über die Grundsätze beim Bund, die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung bei den Ländern. Dazu finden sich im "IV. Teil" des GlBG (§§ 41 bis 58) "Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft".
Vgl etwa § 4 Abs 1 lit a und g, §§ 7, 29 Abs 1 lit a und g, § 32 Tir L-GBG.
Burgenland Bgld. ADG, Kärnten K-ADG, Niederösterreich NÖ ADG, Oberösterreich Oö. ADG, Tirol TADG, Vorarlberg ADG, Wiener Antidiskriminierungsgesetz. Salzburg und die Steiermark haben keine Antidiskriminierungsgesetze, aber entsprechende Vorschriften zur Diskriminierungsfreiheit in den Gleichbehandlungsgesetzen; siehe FN 55.
Diese Breite der diskriminierungsrelevanten Aspekte entspricht dem Rechtsschutzprogramm von RL 2000/43/EG ErwG 12 (siehe FN 12), "[es] sollten spezifische Maßnahmen […] auch Aspekte wie Bildung, Sozialschutz, einschließlich sozialer Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, mit abdecken". Vgl § 1 Abs 2 Bgld. ADG, § 29 Abs 1 K-ADG, § 3 Abs 2 NÖ-ADG, § 2 Abs 1 Oö. ADG, § 3 Abs 2 TADG, § 1 Abs 2 Vorarlberg ADG, § 1 Abs 1 Wiener Antidiskriminierungsgesetz; siehe auch FN 45.
Folgende Antidiskriminierungsgesetze enthalten außerdem Bestimmungen zum Schutz der Bediensteten vor Diskriminierung am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz): Burgenland Bgld. ADG, Kärnten K-ADG, Oberösterreich Oö. ADG, Vorarlberg ADG.
§ 30 Abs 1 und 2 GlBG. Zu dem von § 30 Abs 2 GlBG vorgesehenen breiteren Schutz gegen Diskriminierung wegen ethnischer Zugehörigkeit siehe FN 12, 45.
Besonderheiten: Das Burgenland regelt die Diskriminierungsfreiheit (betreffend den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie betreffend die Angelegenheiten Gesundheit, Soziales und Bildung) hinsichtlich des Geschlechts in den §§ 19d bis j Bgld. L-GBG, hinsichtlich der anderen Diskriminierungsmarker in den §§ 23 bis 29 Bgld. ADG. Salzburg regelt diese Diskriminierungsfreiheit in den §§ 28 f S.GBG, die Steiermark in den §§ 32 ff L-GBG.
Vgl § 2 Abs 4 B-GlBG: "Vertreterin oder Vertreter des Dienstgebers […] ist […] jede und jeder Vorgesetzte sowie jede und jeder Bedienstete, soweit die betreffende Person auf Seiten des Dienstgebers maßgebenden Einfluss auf Personalangelegenheiten oder Regelungen gegenüber den Bediensteten hat."
Entsprechende Definitionen der "Vertreterin oder Vertreter des Dienstgebers" finden sich in den Gleichbehandlungsgesetzen der Länder Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien. In den die Gleichbehandlungsagenden regelnden Gesetzen von Niederösterreich (NÖ Gleichbehandlungsgesetz) und Vorarlberg (Vorarlberg ADG) fehlt eine entsprechende Definition.
So § 7 Abs 1 Z 3, § 7a Abs 1 Z 3 Oö. L-GBG. Entsprechende Bestimmungen finden sich zB in folgenden Gesetzen: B-GlBG, GlBG, Bgld. L-GBG, K-LGBG, S.GBG, Stmk L-GBG, Tir L-GlBG, Vorarlberg ADG, W-GBG, Bgld. ADG, K-ADG, TADG. Vgl auch die Grundsatzbestimmungen § 46 Abs 1 Z 2, § 47 Abs 1 Z 2 GlBG.
§ 4 Abs 3 NÖ Gleichbehandlungsgesetz grenzt Belästigung auf folgende zwei Konstellationen ein: "[…] durch einen Vertreter oder eine Vertreterin des Dienstgebers (belästigende Person) oder durch einen Dienstnehmer oder eine Dienstnehmerin (belästigende Person)" (Fettsetzung getilgt).
Bei einem "Dritten" handelt es sich um eine Person, die nicht "Vertreterin oder Vertreter des Dienstgebers" (siehe die beiden vorangehenden FN) ist; abgesehen davon lässt der Begriff offen, ob der "Dritte" Dienstnehmer des Rechtsträgers und somit Kollege des Belästigten ist.
Der dreiteilige Belästigungstatbestand findet sich zB in den § 8 Abs 1, § 8a Abs 1, § 16 Abs 1 B-GlBG; § 6 Abs 1, § 7 Abs 1, § 21 Abs 1, § 46 Abs 1, § 47 Abs 1 GlBG; § 7 Abs 1, § 7a Abs 1 Bgld. L-GBG; § 7 Abs 1, § 7a Abs 1 K-LGBG; § 7 Abs 1, § 7a Abs 1 Oö. L-GBG; § 10 Abs 1, § 11 Abs 1 Stmk L-GBG. Im Unterschied dazu haben § 2 Abs 4 und § 5 Vorarlberg ADG und §§ 7, 7a W-GBG allgemein gehaltene Tatbestandsformulierungen, welche die Belästigung durch Dritte umfassen.
Den §§ 46 f GlBG entsprechend (Grundsatzbestimmung, siehe FN 50) findet sich der dreiteilige Belästigungstatbestand in den (länderbezogenen, aber seit 1. 1. 2020 zum Bundesrecht gehörenden) Vorschriften zur Land- und Forstarbeit (§ 15 Vorarlberger Land- und Forstarbeitsgesetz verweist diesbezüglich auf § 2 Vorarlberg ADG, siehe vorherigen Absatz).
Siehe vorherige FN.
§ 4 Abs 3 NÖ Gleichbehandlungsgesetz (siehe FN 57); § 9 S.GBG; § 9 Abs 1, § 10 Abs 1, § 34 Abs 1 Tir L-GlBG. Zum Begriff "Vertreter des Dienstgebers" siehe FN 56 ff.
§§ 7, 7a W-GBG.
Zur Rechtslage in Wien: §§ 18a, 18c DO (Dienstordnung 1994) verbieten Beamten, §§ 4a, 4c VBO (Vertragsbedienstetenordnung 1995) Vertragsbediensteten und §§ 22, 24 W-BedG (Wiener Bedienstetengesetz) Bediensteten diskriminierendes Verhalten im Zuge der beruflichen Tätigkeiten; diese Verbotskonzeption verschafft dem Bediensteten einen Anspruch, von seinen Kollegen nicht belästigt zu werden, sieht aber keine Verantwortung eines "externen", also nicht zur Kollegenschaft zählenden Belästigers vor.
Zur direkten Anwendung von Unionsrecht in Fällen, in denen der umsetzungsverpflichtete Staat säumig ist mit der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben, vgl EuGH 5. 4. 1979, Rs 148/78, Ratti, EU:C:1979:110, Rz 46; 26. 2. 1986, Rs 152/84, Marshall I, EU:C:1986:84, Rz 46.
Siehe FN 2.
Zu dem in den RL abstrakt gehaltenen Begriff von Belästigung, der keine Spezifizierung von Gruppen potenzieller Belästiger aufweist, siehe FN 6. Demnach ist die RL für die individuelle Anwendung nicht "zureichend bestimmt", vgl RIS-Justiz RS0111917.
Vgl EuGH 14. 7. 1994, Rs C-91/92, Faccini Dori, EU:C:1994:292. Siehe Ulrike Giera, Die unmittelbare Wirkung von Richtlinien zwischen Privaten, JAP 2011/2012 Heft 3, 170 f.
Barbara Beclin vertritt in einem Gutachten 2010 ( https://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/documents/340065/441424/Gutachtliche Stellungnahme zur Frage der Haftpflichtigen.pdf/89fa12ba-3377-45b1-bf33-ab988502c58e, zuletzt geprüft am 10. 2. 2020) die Meinung, das Recht, nicht belästigt zu werden, wirke als Persönlichkeitsrecht im Sinne des § 16 ABGB absolut und verbiete daher stets auch Übergriffe Dritter. Diese Begründung, dass auch die Belästigungen Dritter rechtswidrig sind, mag zu einem Schadenersatzanspruch führen, doch gelten dabei wohl die allgemeinen, in FN 24 skizzierten Anspruchsvoraussetzungen.
Siehe Magdalena Pöschl, Gleichheitsrechte, in Merten/Papier (Hrsg), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa VII2 (2014) Rz 55.
Zu Wien siehe oben bei FN 62-63.
Vgl §§ 240d, 240e NÖ LAO; §§ 134d, 134e Salzburg LArbO 1995; §§ 64b, 64c Tir LAO 2000.
Siehe Magdalena Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz (2008) 206 f FN 7.
Siehe FN 50.
Siehe FN 69.
EuGH 18. 6. 2009, Rs C-88/08, Hütter, EU:C:2009:381; 11. 11. 2014, Rs C-530/13, Schmitzer, EU:C:2014:2359; 8. 5. 2019, Rs C-396/17, Leitner, EU:C:2019:375.
Eurofound - die dreigliedrige Agentur der Europäischen Union mit dem Auftrag, Fachwissen zur Unterstützung der Erarbeitung besserer sozial-, beschäftigungs- und arbeitspolitischer Strategien bereitzustellen, 1975 errichtet durch die Verordnung (EWG) 1365/75 des Rates - betont in ihrer 2015 veröffentlichten Studie "Violence and harassment in European workplaces: Extent, impacts and policies" ( https://www.eurofound.europa.eu/publications/report/2015/violence-and-harassment-in-european-workplaces-extent-impacts-and-policies, zuletzt geprüft am 10. 2. 2020) etliche Male, das Verbot von Übergriffen am Arbeitsplatz (Ausbildungsplatz) habe nicht nur für "superiors and colleagues" zu gelten, sondern auch für "third parties" wie "customers, clients, patients, students or pupils".
Die rezente, auf der Website von Equinet - the European Network of Equality Bodies - publizierte Studie "Germany: dealing with sexual harassment at the workplace" ( https://equineteurope.org/2019/11/12/germany-dealing-with-sexual-harassment-at-the-workplace/, zuletzt geprüft am 10. 2. 2020) beschreibt die Dimensionen der Übergriffe durch Dritte: "Most persons affected (53%) experienced sexual harassment at the workplace from clients, customers and patients, which women reported more often (57%) than men (40%)", "Most cases of sexual harassment (34%) were found in service occupations which require customer contact. The perpetrators are mostly clients, customers or patients" (Fettsetzung getilgt).
RL 2006/54/EG ErwG 28, 34, Art 1, 26; RL 2000/43/EG ErwG 21. Zur vielfachen Forderung der RL, dass die Sanktionen wirksam sein müssen, siehe FN 19.
§ 4 Abs 3 NÖ Gleichbehandlungsgesetz (siehe FN 57); § 9 S.GBG; § 9 Abs 1, § 10 Abs 1, § 34 Abs 1 Tir L-GlBG.
Gemeint sind Belästiger, die denselben Dienstgeber haben wie die belästigte Person, aber nicht zu den "Vertretern des Dienstgebers" (siehe FN 56) gehören.
§ 9 S.GBG; § 9 Abs 1, § 10 Abs 1, § 34 Abs 1 Tir L-GlBG.
Siehe FN 16.
Die früheste und differenzierteste Ausprägung des Opferschutzes ist im Strafprozessrecht entwickelt worden; siehe Roland Kier, Redimensionierung von Opferrechten? AnwBl 2018/64, 221-225. Im Unionsrecht normiert die RL 2012/29/EU Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern.
Das 4. Hauptstück der StPO (§§ 65 bis 73) trägt den Titel "Opfer und ihre Rechte", wobei § 66a Abs 1 StPO ua ausführt: "[…] Als besonders schutzbedürftig gelten jedenfalls Opfer, […] die in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt worden sein könnten, […]." Für besonders schutzbedürftige Opfer sieht § 165 Abs 3 StPO die abgesonderte Vernehmung vor ("Kontradiktorische Vernehmung des Beschuldigten oder eines Zeugen").
Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl 113/1895 idF BGBl I 109/2018.
Zu anderen Belegen dieses Behelfs siehe FN 97-104.
Siehe Sabine Wagner, Getrennte Befragung im Arbeitsrecht, DRdA 2014, 266-269; Philipp Anzenberger, Vernehmung von Verbrechensopfern und Minderjährigen im Zivilverfahren nach den §§ 289a und 289b ZPO, ÖJZ 2017/34, 255; Walter Rechberger in Fasching/Konecny 3 III/1 § 289a ZPO (Stand 1. 8. 2017, rdb.at) Rz 2.
Dem Umstand, dass sexuelle Belästigung uU schwer traumatisiert und Betroffene somit Zeit brauchen, das Erlebte aufzuarbeiten und sich dabei auch für das Beschreiten des Rechtsweges zu entscheiden, wird mit der durchgehend dreijährigen Frist für die Anspruchsverfolgung Rechnung getragen; hingegen befristen manche Gesetze die Verfolgung von anderen Belästigungen mit einem Jahr; vgl § 15 Abs 1 GlBG; § 19 Abs 2 und 3, § 23 Abs 4 Bgld. L-GBG; § 7 Abs 1 NÖ Gleichbehandlungsgesetz.
Zu Ausnahmen siehe FN 97-104.
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl 51/1991 idF BGBl I 58/2018.
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I 33/2013 idF BGBl I 57/2018.
Zum Aspekt der besseren Wahrheitsfindung durch eine abgesonderte Vernehmung des Opfers siehe etwa Kurt Kirchbacher in Fuchs/Ratz, WK StPO § 165 (Stand 1. 10. 2013, rdb.at) Rz 6.
Siehe Michael Kilchling, Übertragung opferschützender Normen aus dem Strafverfahren in andere Verfahrensordnungen (2017) ( https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Berichte/MPI_Gutachten_Uebertragung_opferschuetzender_Normen.pdf?__blob=publicationFile&v=1, zuletzt geprüft am 10. 2. 2020) 20: "Opferschutzrechte lassen sich mit dem zivilrechtlichen ‚Fair trial‘-Anspruch des Opfers aus Art. 6 EMRK begründen."
§ 35 Außerstreitgesetz - AußStrG, BGBl I 111/2003 idF BGBl I 38/2019.
§ 125b Abs 2 BDG (Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen).
§ 142a Abs 2 Burgenländisches Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz.
§ 127b Abs 2 K-DRG.
§ 101 Abs 4a DO (Gesetz über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien - Dienstordnung 1994), § 25 Abs 1 Z 3 W-GBG.
§ 100 Abs 2a, § 101 Abs 1 und Abs 4a DO weisen die begriffliche Prägung der "schweren sexuellen Belästigung" auf.
§ 94b Abs 2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz - LDG, § 102b Abs 2 Land- und forstwirtschaftliches Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz - LLDG.
Der schutzorientierte Erhebungsmodus ist schon länger für die Vernehmung Minderjähriger etabliert; vgl § 33 Abs 4 Heeresdisziplinargesetz, § 117 Abs 2 Tir Landesbeamtengesetz, § 97a Abs 2 Tir Gemeindebeamtengesetz.
Vgl § 24 Abs 2a B-GlBG, § 14 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz, § 12 Abs 3 Gleichbehandlungskommission-Geschäftsordnung; vgl auch § 25 Abs 1 Z 3 W-GBG.
Siehe bei FN 81-85.
Stmk Landes-Gleichbehandlungsgesetz - L-GBG, LGBl 66/2004 idF LGBl 104/2017.
Über die Dienstbehörde führt der Rechtszug zum LVwG und dann allenfalls zum VwG.
Vgl etwa § 20 Abs 2 Satz 3 B-GlBG.
Oö. Landes-Gleichbehandlungsgesetz - Oö. L-GBG, LGBl 8/1995 idF LGBl 47/2019.
Bis auf die zitierten Paragraphen gleich lautet § 13 Abs 3 Oö. ADG.
§ 15 Oö. L-GBG "Beruflicher Aufstieg von Beamtinnen und Beamten", § 17 Z 2 Oö. L-GBG "Beendigung des Dienstverhältnisses", § 18 Abs 2
Oö. L-GBG "Sexuelle Belästigung und sonstige Belästigung".
Diese Ausnahme vom Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen - Art 94 Abs 1 B-VG - ist verfassungsrechtlich legitimiert durch Art 94 Abs 2 B-VG.
§ 19 Abs 3 Satz 2 und 3 Oö. L-GBG.
Bereits das Primärrecht begründet diese besondere Bedeutung, werden doch in Art 19 Abs 1 AEUV die Diskriminierungsmarker aufgeführt und Diskriminierungen aus diesen Gründen verboten. Weiters betont Art 21 Abs 1 GRC die elementare Bedeutung der Nichtdiskriminierung: "Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten."
Dies manifestiert sich ua darin, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen; siehe FN 19.
Siehe bei FN 91-104.