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Zur Bewertung von Teilungsklagen seit dem Steuerreformgesetz 2015/2016
Seit Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 2015/2016 (StRefG 2015/2016) am 1. 1. 2016 hat sich das Risiko der Unterbewertung von Teilungsklagen erheblich verschärft. Der Beitrag erläutert die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Praxis, insb im Hinblick auf die sachliche Zuständigkeit, die Prozesskosten sowie die Zulässigkeit von Rechtsmitteln.
Die Bewertung von Teilungsklagen zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft gem § 830 ABGB an Liegenschaften ist relevant für die Höhe der Gerichtsgebühren und der Anwaltskosten sowie für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Rahmen der Revisionsbeschränkungen. Weiters spielt sie eine Rolle bei der
sachlichen Zuständigkeit. Da die Bewertung von Teilungsklagen aber nicht einheitlich geregelt ist, ist im Folgenden auf die einzelnen Bestimmungen und Rechtsfolgen bei unrichtiger Bewertung einzugehen.
§ 60 Abs 2 JN verweist für den Wert von grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sachen auf den für die Gebührenbemessung in Betracht kommenden Steuerschätzwert. Als Steuerschätzwert sind nach stRsp die Regelungen des GrEStG 1987 maßgeblich.1 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 2015/20162 vertrat der OGH in stRsp3 die Ansicht, dass Teilungsklagen mit dem dreifachen Einheitswert zu bewerten sind. Mit dem StRefG 2015/2016 wurde § 4 Abs 1 GrEStG 1987 aber nun insofern geändert, als die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom Grundstückswert zu berechnen ist. Damit ist klargestellt, dass auch Teilungsklagen nicht mehr mit dem dreifachen Einheitswert, sondern mit dem Grundstückswert zu bewerten sind. Da der Grundstückswert in vielen Fällen jedoch erheblich höher4 als der dreifache Einheitswert liegen wird, stellt sich die Frage, ob sich dies im Rahmen der Bewertung der Teilungsklage auf die sachliche Zuständigkeit der Gerichte auswirkt.
Dem Kläger steht es gem § 56 Abs 2 JN frei, den Wert seines nicht auf einen Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstands in der Klage anzugeben, dh grundsätzlich frei zu bewerten. Diese grundsätzlich freie Bewertungsmöglichkeit steht aber in einem Spannungsverhältnis zu § 60 Abs 2 JN, der eine spezielle Bewertungsvorschrift für Liegenschaften vorsieht. Der OGH hatte die Wirkung von § 60 Abs 2 JN jedoch − soweit ersichtlich − immer im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Rechtsmitteln zu beurteilen.5
In 1 Ob 348/97a kommt der 1. Senat des OGH zum Ergebnis, dass die Bewertungsvorschrift des § 60 Abs 2 JN im Verfahren erster Instanz nur für die Überprüfung des Werts des Streitgegenstands nach übermäßig hoher Bewertung iSd § 60 Abs 1 JN von Bedeutung ist.6 Demnach ist das Gericht bei einer Klage auf Teilung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft gem § 60 Abs 4 JN an die Bewertung des Streitgegenstands durch den Kläger gebunden.
Daraus folgt, dass der Kläger die sachliche Zuständigkeit des Gerichts bei Teilungsklagen grundsätzlich durch seine Bewertung in der Hand hat. Nur bei einer übermäßig hohen Bewertung besteht gem § 60 Abs 1 JN die Möglichkeit des Gerichts, den Streitwert herabzusetzen und die Rechtssache im Rahmen der Wertzuständigkeit an das Bezirksgericht abzutreten. An eine Unterbewertung (dh Bewertung unter dem Grundstückswert) sind das Gericht und die Parteien gem § 60 Abs 4 JN im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit gebunden.
§ 15 Abs 1 GGG bestimmt, dass als Wert einer unbeweglichen Sache grundsätzlich der dreifache Einheitswert maßgeblich ist. Diese Norm hat sich durch das StRefG 2015/2016 nicht geändert. Wie der VwGH aber in stRsp7 ausführt, ist dieser dreifache Einheitswert nicht auf Teilungsklagen anwendbar. Begründet wird dies damit, dass der dreifache Einheitswert der Liegenschaft als Streitwert nur dann infrage komme, wenn die Liegenschaft selbst Ziel des Klagebegehrens sei, was bei Teilungsklagen nicht der Fall sei. Bei Teilungsklagen ist daher die Bewertung in der Klage die maßgebliche Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren.
§ 18 Abs 2 Z 1 GGG sieht aber vor, dass sich die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren dann ändert, wenn der Streitwert aufgrund einer Streitwertbemängelung des Beklagten gem § 7 RATG geändert wird. Eine Streitwertänderung gem § 7 RATG kann also zur Neubemessung der Pauschalgebühr und somit auch zu einer Nachforderung (bzw Rückzahlung) führen. Dem Gesetzestext des § 18 Abs 2 Z 1 GGG ist zwar nicht zu entnehmen, ob dies auch für eine Streitwertänderung nach § 60 Abs 1 JN gilt, jedoch scheint der VwGH dem nicht abgeneigt. Der VwGH sieht es nicht als gerechtfertigt an, die richterliche Streitwertänderung gem § 60 Abs 1 JN anders zu behandeln als die Streitwertbemessung nach § 7 RATG.8 § 18 Abs 2 Z 1 GGG sei daher einer erweiternden Interpretation durchaus zugänglich. Man wird daher davon ausgehen müssen, dass jegliche gerichtliche Streitwertänderung im Teilungsverfahren auch zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr führt.
In der Praxis ist es daher zu empfehlen, den Mandanten vor Einbringung seiner Teilungsklage darüber aufzuklären, dass es bei einer Unterbewertung der Klage zu einer Nachforderung der Pauschalgebühr kommen kann, wenn der Gegner den Streitwert bemängelt.
Bemessungsgrundlage für die Höhe der Anwaltskosten im Zivilprozess ist gem § 3 RATG der Wert des Streitgegenstands. § 4 RATG verweist dabei auf die Vorschriften der §§ 54-59 JN. Wie bereits zur sachlichen Zuständigkeit in Pkt 2. ausgeführt, steht es dem Kläger nach § 56 Abs 2 JN frei, die Teilungsklage nach eigenem Ermessen zu bewerten. Auch das RATG geht von einer grundsätzlich freien Bewertungsmöglichkeit aus, weil die Bestimmungen der §§ 3 und 4 RATG nicht auf § 60 Abs 2 JN (Wert einer unbeweglichen Sache) verweisen. Der OGH kam zum Ergebnis, dass das Gericht bei einer Teilungsklage zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an die Bewertung des Streitgegenstands in der Klage durch den Kläger gebunden sei, wenn diese "unter dem steuerlichen Einheitswert" der Liegenschaft lie-
ge.9 Gleiches muss seit Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 auch für solche Fälle gelten, in denen der Kläger den Streitgegenstand in der Teilungsklage unter dem Grundstückswert bewertet.
Dem Kläger steht es daher auch im Rahmen des RATG frei, seine Klage nach eigenem Ermessen zu bewerten, doch kann auch dieser Streitwert gem § 7 RATG vom Beklagten bemängelt werden.10 Im Unterschied zur Streitwertbemängelung nach der JN (die eine Korrekturmöglichkeit nur bei übermäßig hoher Bewertung zulässt) sieht das RATG eine Korrekturmöglichkeit sowohl bei einem zu hohen als auch bei einem zu niedrigen Streitwert vor (was nur Auswirkungen auf die Anwaltskosten und die Pauschalgebühr hat, nicht aber zB auf die Zuständigkeit oder die Anwaltspflicht).11 Wenn sich die Parteien des Verfahrens im Fall der Bemängelung des Streitwerts daher nicht über den Streitwert einigen können, dann hat das Gericht gem § 7 Abs 2 RATG den Streitgegenstand im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Hier droht für den Kläger im Fall einer Unterbewertung der Klage aber die Gefahr, dass der Streitwert durch das Gericht wesentlich höher festgesetzt wird, was erhebliche Auswirkungen auf die Prozesskosten zur Folge haben kann.
Diese Problematik wurde durch das Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 daher in vielen Fällen wesentlich verschärft, weil bei einer in der Praxis auch weiterhin häufigen Bewertung der Teilungsklage mit dem dreifachen Einheitswert die Gefahr droht, dass der Streitwert bei einer Bemängelung durch den Beklagten auf den regelmäßig wesentlich höheren Grundstückswert angehoben wird. Denn das Gericht wird sich bei seiner Entscheidungsfindung über die richtige Streitwertfestsetzung an § 60 Abs 2 JN - der als Bemessungsgrundlage auf den Grundstückswert verweist - orientieren können. So sah es der OGH als eine vertretbare Rechtsansicht an, "es müsse das, was für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln bedeutsam sei, 12 ganz allgemein auch für die Bewertung des Streitgegenstands und die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz gelten".13
Es empfiehlt sich daher, einen klagenden Mandanten über die Gefahr der Unterbewertung des Streitgegenstands in der Teilungsklage aufzuklären.
Gem § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes 5.000 € bzw 30.000 € übersteigt, weil der Zugang zum OGH vom Wert des Entscheidungsgegenstands abhängt. Es stellt sich daher die Frage, ob das Berufungsgericht bei seinem Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands an die Bewertung durch den Kläger in der Teilungsklage gebunden ist oder diesen nach eigener Überzeugung festlegen kann. Der OGH vertritt in stRsp, dass das Berufungsgericht bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands nicht an die Bewertung des Klägers gebunden ist, sondern die Bewertung eigenständig vorzunehmen hat.14 Das bedeutet, dass das Berufungsgericht im Fall einer Unterbewertung des Streitgegenstands in der Teilungsklage nicht an die Bewertung in der Klage gebunden ist und somit der Zugang zum OGH grundsätzlich auch dann offensteht, wenn der Kläger den Streitgegenstand mit zB weniger als 5.000 € bewertet hat.
§ 500 Abs 3 ZPO idF BGBl I 1997/140 sah noch einen Verweis auf § 60 Abs 2 JN vor, der seinerzeit von einer zwingenden Bewertung des Streitgegenstands mit dem dreifachen Einheitswert ausging. Seit Aufhebung dieses Verweises auf den dreifachen Einheitswert durch den VfGH15 kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen seines Bewertungsausspruchs am objektiven Wert der Liegenschaft zu orientieren hat. So führt der OGH aus, dass das Rekursgericht den Wert des Streitgegenstands - bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache - weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen darf.16
Abschließend kann daher gesagt werden, dass der Kläger mit einer (bewussten) Unterbewertung der Teilungsklage im Rahmen eines Rechtsmittels nicht den grundsätzlichen Zugang der Parteien zum OGH verhindern kann.
Der Kläger kann den Streitwert der Teilungsklage zwar nach eigenem Ermessen bewerten; er setzt sich jedoch bei einer Unterbewertung dem Risiko einer gegnerischen Streitwertbemängelung aus. Dieses Risiko hat sich seit dem Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 am 1. 1. 2016 insofern erheblich verschärft, als sich das Gericht im Rahmen der Streitwertfestsetzung nicht mehr am dreifachen Einheitswert, sondern am regelmäßig wesentlich höheren Grundstückswert zu orientieren hat. In der Beratungspraxis sollte der Mandant daher vor Einbringung seiner Teilungsklage darauf hingewiesen werden, dass sich bei einer aus Kostengründen niedrigen Bewertung der Teilungsklage die Gefahr einer erheblichen Änderung der Bemessungsgrundlage für die Prozesskosten ergeben kann.
ZB 5 Ob 39/14t; RIS-Justiz RS0046526.
BGBl I 2015/118, in Kraft seit 1. 1. 2016.
ZB 6 Ob 71/00k; RIS-Justiz RS0042315.
Vgl C. Rechberger, Der Einheitswert ist falsch, aber nicht das System, Die Presse - Recht 2012/41.
Vgl 1 Ob 348/97a = EvBl 1998/74, 344 = RdW 1998, 550.
1 Ob 348/97a = EvBl 1998/74, 344 = RdW 1998, 550.
Vgl Mayr in Rechberger, Kommentar zur ZPO4 § 60 JN Rz 6.
Nämlich § 60 Abs 2 JN als zwingende Bewertungsvorschrift einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache.
ZB 6 Ob 223/15k; RIS-Justiz RS0042285 (T2).
VfGH G 78/12 = Zak 2013/43, 26 = RdW 2013/56, 57 = VfSlg 19.705.